Geschichte des Hohen Domes zu Paderborn

Der Altar, an dem der Bischof die Eucharistie feiert, ist Mittelpunkt allen sakramentalen Lebens im Bistum. Die Kathedra, von der aus der Bischof die Frohe Botschaft verkündet, ist Ausgangspunkt aller Verkündigung in der Ortskirche. Altar und Kathedra stehen über der Bischofsgruft: Sinnbild für die Tradition der Kirche, die seit zwölfhundert Jahren hier lebendig ist und die in der Gegenwart bewahrt und in die Zukunft weitergegeben wird. Auch dadurch erhält die Dom- und Bischofskirche ihren besonderen Rang.

Der Dom macht dieses Fortschreiten der Kirche durch die Zeit architektonisch sichtbar. Als Papst Leo III. im Jahre 799 an den Quellen der Pader mit dem Frankenkönig Karl zusammentraf, stand an der Stelle des Domes bereits eine "Kirche von eindrucksvoller Großartigkeit", die wenig später einem Stadtbrand zum Opfer fiel. In der Folgezeit wurde der Dom wiederholt durch Feuer zerstört und wieder aufgebaut.

Im 13. Jahrhundert wurde der Dom neu errichtet. Dabei bildet der Westturm, der bis heute charakteristisch für den Dom ist, den frühesten Teil dieses Neubaus. Damals erhielt der Dom seine heutige Gestalt. Er ist eine Hallenkirche, d.h. die drei Schiffe des Langhauses sind gleich hoch. Der Ostchor ist flach geschlossen. Die großen Fenster, die Portalgestaltung in der Südwand (Paradiesportal) und die Kapitellornamentik lassen den Einfluß klassischer französischer Kathedralkunst erkennen.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) wurde der Dom geplündert und verwüstet. Ab 1650 begann die Wiederherstellung. Dabei wurden die Seitenkapellen im Langhaus erneuert, mit den prächtigen Innenportalen versehen und mit perspektivisch gearbeiteten Gittern zum Hauptraum hin abgeschlossen. Damals erhielt der Dom auch eine barocke Ausstattung, die durch Bombenangriffe gegen Ende des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) zum größten Teil zerstört wurde.

Seit 1859 führte Dombaumeister Arnold Güldenpfennig eine umfassende Restaurierung durch, in deren Verlauf er die Südgiebel und den großen Ostgiebel in historisierenden Formen frei gestaltete.

Nach den Zerstörungen von 1945 begann schon sehr bald die Wiederherstellung des Domes unter der umsichtigen Leitung von Dompropst Paul Simon und seinem Nachfolger, Dompropst Joseph Brockmann. Dabei wurde das Turmjoch zum Hauptraum hin geöffnet. Der gotische Reliquienaltar fand seinen Platz wieder im Hochchor.

1978 begannen umfassende Restaurierungs- und Sicherungsmaßnahmen, die mehrere Jahre dauerten. Im Verlauf dieser Arbeiten erhielten die Krypta und der Altarbereich ihre heutige Gestalt. Schon 1975 war die Bischofsgruft mit dem Sammelgrab der Paderborner Bischöfe sowie den Grablegen für den ersten Paderborner Erzbischof, Kaspar Klein (1920-1941), und den ersten Kardinal auf dem Paderborner Bischofsstuhl, Erzbischof Lorenz Jaeger (1941-1973), neu gestaltet worden. Die seit dem Krieg eingelassene Notverglasung wurde durch neue Fenster ersetzt, die sich gut in den festlichen Raum einfügen. Die Fenster des Langhauses zeigen Motive vom Weg des Gottesvolkes durch die Zeit bis zum himmlischen Jerusalem; in den Fenstern im nördlichen Arm des östlichen Querhauses, dem sog. Hasenkamp, treten dem Betrachter Heilige entgegen, die eng mit der Kirche von Paderborn verbunden sind. Zu dieser "Wolke der Zeugen" (Hebr 12,1) gehören auch die Statuen auf dem Chorgestühl. Mit ihnen allen wissen sich die Beter von heute im Gotteslob verbunden.

Wie der Dom durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder erneuert und von den Generationen nach den Erfordernissen je ihrer Zeit bereichert wurde, so wächst auch der Bau aus lebendigen Steinen (vgl. 1 Petr 2,5) – die Gemeinschaft der Glaubenden, die Kirche – stets aus der Kraft ihres Ursprungs, indem sie die Botschaft von dem in Jesus Christus geschenkten Heil jeweils neu empfängt und in den Kontext der Zeit hineinsagt.